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Marc schlug die Augen auf und starrte an eine hohe, stuckverzierte Decke. Eine fremde Decke. Sein Herz hämmerte so wild und laut, als wolle es das Gefängnis seiner Rippen sprengen und der Schweiß rann in Strömen an seinem Körper herab. Angst stieg in ihm auf, denn er wusste weder wo er war, wie er dort hin gekommen war, noch was mit ihm geschehen war. Er wollte sich aufrichten, doch das war ihm nicht möglich. Wer auch immer Marc an diesen gottverfluchten Ort gebracht hatte, war sehr gründlich gewesen und hatte seine Arme und Beine mit Lederriemen an eine Liege gefesselt. Sein Hemd, das über seiner Brust in Fetzen gerissen worden war, war starr und braun vor getrocknetem Blut. Marc verrenkte sich fast den Hals, aber er konnte keine Wunde spüren und auch keine sehen, nicht einmal einen Kratzer. Die Angst die gerade noch still und leise um ihn herum geschlichen war, sprang ihn nun an und bohrte unnachgiebig ihre kalten Finger in sein Rückgrat. Panisch huschte sein Blick durch das unbekannte Zimmer, streifte über gekachelte Wände, in die irgendetwas tiefe Kratzer geschlagen hatte. Er sah Ketten, die von der Decke hingen und stabil genug aussahen um etwas von der Größe eines Elefanten fest zuhalten. Sein Blick blieb schließlich an einigen Stahltischen hängen, die ohne weiteres in einen Operationssaal gepasst hätten. Was darauf lag konnte er nicht erkennen, doch seine Fantasie zeigte ihm recht interessante Bilder von kaltem, chirurgischem Stahl an dem noch das Blut früherer Opfer klebte. Marc versuchte sich von den Lederriemen los zu machen bis er vor Anstrengung keuchte und die Adern an seinem Hals wie Seile hervortraten. Es fehlte nicht mehr viel und er hätte sich die Blutzufuhr zu seinen Händen und Füßen abgeschnitten. Marc fühlte sich als sei er in einem Alptraum gefangen, in dem man nicht fassen konnte was geschah weil es einfach zu absurd und entsetzlich war. Was er in den zahllosen Horrorfilmen die er gesehen hatte, noch spannend gefunden hatte, verwandelte ihn nun in ein wimmerndes Häufchen Elend. Er musste hier weg, musste von hier entkommen bevor sein Entführer zu Ende brachte was er begonnen hatte! Denn wer auch immer in hier her gebracht hatte, etwas Gutes hatte er mit ihm nicht im Sinn. Zum Kaffeetrinken und unterhalten musste man seine Gäste für gewöhnlich nicht fesseln. Aber wie sollte Marc es schaffen von hier zu entkommen, wenn es ihm nicht einmal gelang sich von seinen Fesseln zu befreien? Seine unergiebigen Fluchtpläne rissen ab, als ihm ein beißender Geruch in die Nase stieg. Es war ein animalischer Gestank, den er zuletzt im Zoo wahrgenommen hatte. Damals war er dreizehn und hatte sich die Nase an der Glasplatte des Raubtierhauses platt gedrückt. Welches Tier er sich angesehen hatte wusste er nicht mehr, doch den Geruch hatte er nicht vergessen. Er war wild und roh, er weckte Urängste. Marc schüttelte den Kopf über sich selbst. Statt in Kindheitserinnerungen zu schwelgen sollte er lieber darüber nachdenken, wie er hier heraus kam. Es musste doch einen Weg geben, er musste.... War da eine Bewegung in der Zimmerecke gewesen? Da neben der Tür, wo gerade noch das Mondlicht über die Kacheln gekrochen war schien sich jetzt die Dunkelheit zusammen zu ziehen. Marc glaubte seine Augen spielten ihm einen Streich, aber nein. Die Schatten die eben noch nicht da gewesen waren bewegten sich, waberten durcheinander und änderten ihre Form. Marcs Muskeln protestierten schmerzhaft, als er den Kopf drehte um genauer hinsehen zu können. Er ignorierte den Schmerz und bereute es. Vor seinen Augen erstarrten die Schatten und verfestigten sich zu etwas, von dem Marc sicher war, dass es so gar nicht existieren durfte. Das Ding kauerte in der Zimmerecke, doch wenn es stand überragte es ihn sicher um drei Köpfe, das verrieten seine langen, muskulösen Arme und Beine. Gelbe Raubtieraugen taxierten ihn über eine breite, schwarze Schnauze hinweg, deren Lefzen so verzogen waren, dass man glauben konnte das Wesen grinste ihn an. Reißzähne so groß wie das Taschenmesser, das er vor einer scheinbaren Ewigkeit besessen hatte, leuchteten gespenstisch in der Dunkelheit auf. Alles in allem wirkte das Wesen wie eine groteske Mischung aus Wolf und Mensch, mit struppigem schwarzen Fell und Klauen die in der Lage waren einen Kleinwagen zu zerteilen. Einen Moment lang starrte Marc das Monster einfach nur an, während sein Verstand versuchte zu verarbeiten was er dort sah. Hatte man ihn mit Drogen vollgepumpt? Oder hatte er einen schweren Schlag auf den Kopf bekommen? Beides war möglich und beides war eine Erklärung für diesen Alptraum. Sein Körper reagierte schneller als sein Verstand, seine Muskeln spannten sich an und warfen ihn gegen die Lederriemen, die ihn fesselten. Alles was er damit erreichte war, dass die Liege einen Satz machte und mit einem schrillen Quietschen über die Fiesen scharrte. Das Wesen war davon wenig beeindruckt, erhob sich und kam langsam auf ihn zu. Marc schloss die Augen und begann rückwärts bis Zehn zu zählen. Das hatte er schon als Kind getan, wenn er schlecht geträumt hatte. Meistens war die Angst samt seinen Hirngespinsten verschwunden wenn er bei Eins angekommen war. Und dieses Ding musste eine Ausgeburt seiner Fantasie sein. Es konnte nicht echt sein, selbst wenn er das Klicken seiner Krallen auf dem Fliesenboden hören konnte. Es war nicht real und wenn er bis Eins gezählt hatte und seine Augen wieder öffnete würde es verschwunden sein. Die schweren Schritte kamen beharrlich näher während Marc noch beharrlicher versuchte sie zu ignorieren. Der Gestank nach Tier wurde immer unerträglicher, er konnte den Atem des fremden Wesens hören und was noch schlimmer war er konnte ihn spüren. Faulig und feucht strich er über sein Gesicht hinweg, so nah war ihm das Ding gekommen. Es stand genau neben ihm! Er wusste es konnte nicht da sein und dennoch konnte er die Hitze seines riesigen Körpers spüren. Er wusste wie sich das struppige Fell anfühlen würde wenn er nur wagen würde es zu berühren! Dann plötzlich war es nicht mehr da. Dafür aber jemand anderes. „Wie fühlen sie sich?“ Eine junge Frau in weißem Kittel stand neben der Liege und musterte ihn eindringlich. Mit ihrem brünetten Pferdeschwanz und der schmalen Brille wirkte sie überhaupt nicht so wie man sich seinen verrückten Kidnapper vorstellte. Marcs Blick huschte nervös im Raum umher aber das Monster war nirgendwo zu sehen. Er wollte etwas erwidern, doch alles was er zu Stande brachte war ein Stammeln. Er hatte keine Kontrolle über seine eigene Zunge. „Ich weiß es ist nicht einfach.“ Sie lächelte schwach „Wahrscheinlich fürchten sie...“ ihre Worte endeten in einem feuchten Gurgeln als die zarte Haut über ihrer Kehle wie von Geisterhand aufgerissen wurde. Blut spritzte Marc in einem warmen, klebrigen Schwall ins Gesicht, brannte in seinen Augen und lief ihm in den Mund. Trotzdem sah er mit erschreckender Klarheit wie die Kehle der jungen Frau herausgerissen wurde. Das Weiß ihrer Luftröhre hob sich leuchtend von dem roten Fleisch ihres Halses ab. Der Kittel den sie trug wurde zerfetzt und über ihre Brüste liefen vier klaffende Wunden. Marc konnte ihre Rippen darunter erkennen. Irgendetwas hielt sie fest, denn ihr Körper zuckte so wild hin und her, dass sich allein nicht mehr hätte auf den Beinen halten können. Es sah aus als führe sie einen bizarren Tanz auf. Das Monster konnte keine Vision gewesen sein, es war hier mit ihnen im Raum, auch wenn er es nicht mehr sehen konnte. Immerhin konnte er sehen was es anrichtete und das reichte vollkommen. Er hörte wie die Rippen der Frau brachen, als etwas sie mit brutaler Gewalt nach außen bog um ihr Herz frei zulegen. Panik erfasste Marc, blinde Angst und unter Aufbietung all seiner Kräfte warf er sich herum. Erstaunlich leicht gaben die Lederriemen plötzlich nach. Sie waren zerrissen, doch wie konnte das sein? Marc stürzte samt der Liege auf die Seite und verschwendete keinen weiteren Gedanken an seine Fesseln. Die Hauptsache er war frei. Er sprang mit einem mehr oder minder eleganten Satz auf die Beine. Das Reißen von Haut und das Bersten von Knochen, die auseinander gebrochen wurden beschleunigten seine Denkprozesse. Durchs Fenster konnte er sehen, dass er sich im ersten Stock befand. Ein Sprung von hier aus war zu meistern und wohl die einzige Fluchtmöglichkeit, da das Ding vor der Tür saß. In der Spiegelung der Scheibe konnte er den Körper des Wesens sehen, nicht so deutlich wie vorher, eher wie einen Schatten. Aber dennoch glaubte Marc ganz klar zu erkennen, wie es seine Mahlzeit unterbrach und in seine Richtung blickte. Ohne weiter zu zögern nahm Marc den Stahltisch der ihm am nächsten stand und zertrümmerte damit das Fenster. Für die Frau konnte er ohnehin nichts mehr tun. Scherben zerschnitten ihm die Fußsohlen als er auf den Fenstersims kletterte- jemand hatte ihm die Schuhe ausgezogen- doch das kümmerte ihn nicht. Die Glasscherben würden ihn nicht töten, das Wesen hinter ihm schon. Marc nahm einmal tief Luft, sprang und landete alles andere als geschickt auf dem Rasen. Er überschlug er sich, kam aber wieder schnell auf seine geschundenen Füße und begann zu rennen. Das Haus in dem er gefangen gewesen war, war ein altes Fabrikgebäude, das er vorher noch nie gesehen hatte. Ein kniehoher, gusseiserner Zaun umgab den Garten, über den Marc mit einem schnellen Satz hinwegsetzte. Als er auf der menschenleeren Straße landete, dachte er einen Moment darüber nach die Leute in dem Haus zu warnen. Aber sie hatten ihn entführt und weiß Gott was mit ihm vorgehabt! Er würde den Teufel tun und....